Hier soll es heute um das Thema Resilienz gehen – das ist ein Begriff aus der Psychologie und bezeichnet so etwas wie das Immunsystem unserer Seele. Lateinisch bedeutet „resilere“ sinngemäß „abprallen“ und ist damit ziemlich treffend für unseren mentalen und emotionalen Selbstschutz – die Fähigkeit also, gut oder eben weniger gut mit den Gegebenheiten, den Krisen und Herausforderungen unseres Lebens zurecht zu kommen. Besondere Relevanz bekommt das Thema unserer psychischen Widerstandsfähigkeit in der gegenwärtigen Krise, in der viele gewohnte Dinge fehlen, in der wir geschätzte Menschen nicht sehen können und in der unser Alltag aus den Fugen gerät – der eine vermisst seine Familie oder auch nur seine Kneipe, die nächste das Theater und fast alle wohl den Weihnachtsmarkt und das vorweihnachtliche Glitzern in der Stadt.
Natürlich,
faktisch ist von den Auswirkungen von CoVid19 nicht jeder gleich betroffen, und der heimarbeitende Sachbearbeiter bekommt vielleicht weniger davon mit als die allein erziehende Verkäuferin, die sich jetzt auch noch um ihre Kinder im Home-Schooling kümmern darf – dennoch kann sie seelisch durchaus besser damit zurechtkommen. Mehr als die Umstände selbst ist es nämlich oft unsere Sicht auf die Dinge, die uns Sorgen, Angst und Stress bereitet. Aber warum ist das so? Lässt sich jede Angst und jede Sorge einfach durch eine neue Perspektive beiseite wischen? Kann man Optimismus lernen? Oder ist das ein Teil unseres Charakters, der einfach angeboren ist und an dem wir nichts ändern können?
Resiliente Menschen haben sich zum Beispiel bestimmte Routinen angeeignet und tun bestimmte Dinge,
die ihnen dabei helfen, besser durch Krisen zu kommen – und ein dickes Fell braucht unsere Seele schon in Zeiten der Corona-Pandemie. Und vieles ist, wie gesagt, auch eine Frage der Sichtweise – ein paar Tipps dazu haben wir hier zusammen gestellt:
Die Perspektive wechseln
Mal ehrlich, in jeder Suppe schwimmt irgendwo ein Haar, und wenn man will, kann man in allem ein Problem sehen. Jedes Problem aber kann man in der Regel von mehreren Seiten betrachten und schon dadurch beginnen, es zu lösen. Resiliente Menschen sehen in Problemen oft eher Herausforderungen und fokussieren sich auf das Machbare. Das heißt, sie bewerten ein Problem erst einmal neutral, betrachten es als Aufgabe und sehen das Positive in der Krisen-Situation. Denn wie bei der Sache mit der Suppe gibt es eben auch an jedem Horizont einen Silberstreifen, und sei er noch so schmal.
Vor allem aber akzeptieren sie die Situation und versuchen, das Bestmögliche daraus zu machen: Etwa indem man im Lockdown ein neues Hobby erlernt, das Zuhause aufmöbelt oder auch nur öfters im Wald spazieren geht.
Akzeptanz üben
Indem man eine Situation akzeptiert, schafft man schon die Basis für Veränderung. Wenn wir ständig gegen den Ist-Zustand ankämpfen – den man derzeit nun mal nicht beeinflussen kann – schwächen diese negativen Gedanken nicht nur das eigene Immunsystem, man hat auch keine Energie mehr übrig, fühlt sich müde, wird träge, schlapp und gar aggressiv. Erst wenn man das Unvermeidliche akzeptiert, öffnen sich auf dieser Basis neue Wege und Möglichkeiten, die man vorher nicht gesehen hat. Treffend zusammengefasst hat das einmal der amerikanische Theologe Reinhold Niebuhr mit dem Satz „Ich wünsche mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die nicht zu ändern sind, den Mut, Dinge zu ändern, die geändert werden müssen und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.“ Niebuhr hat das zwar als Gebet verfasst, es könnte aber ziemlich exakt auch als Definition einer Resilienz tauglichen Lebenseinstellung dienen.
Raus aus der Opferhaltung
Wer sich als primär Opfer sieht, z.B. als Opfer eines Systems, Opfer der aktuellen Situation, seiner Erziehung oder der Gesellschaft, der wird auf Dauer unglücklich und dadurch meistens irgendwann wirklich krank. Vielleicht ist die Analyse der eigenen Situation ja durchaus richtig, aber irgendwann muss man feststellen, dass sich dadurch allein nichts ändert – und ändern sollte sich ja was. An einem gewissen Punkten muss man also sein Schicksal selbst in die Hand nehmen und in Lösungen denken, Pläne machen, sich wenn nötig Hilfe holen – oder sogar selbst anbieten, denn auch das kann uns aus unserem schwarzen Loch befreien.
Das Dankbarkeits-Tagebuch
Zugegeben, das klingt erstmal ein bisschen esoterisch und versponnen, der Effekt aber ist wissenschaftlich erwiesen – wer bewusst dankbar ist, ist widerstandsfähiger und hält Krisen besser aus. Der mentale Trick: Man macht sich dabei bewusst, was es an Positivem im eigenen Leben gibt und lenkt seine Aufmerksamkeit bewusst auf Dinge, die uns gut tun und funktionieren. Auch wenn es manchmal schwer erscheint und einem erstmal nur die Tasse Kaffee am Morgen einfällt, immerhin. Für das Tagebuch schreibt man sich jeden Abend drei Momente des Tages auf, die schön waren, die wir genossen haben, an denen wir Erfolg hatten und fühlen uns nochmal in diese Momente hinein. Das muss – und wird – in vielen Fällen nichts Großes sein, und wer nicht geübt ist, dem fällt es anfangs mitunter schwer, diese Momente zu finden: Aber es gibt sie in fast jedem Leben und an fast jedem Tag, wenn man sie sucht.
Blitzentspannung für den Alltag
Wenn die Krisenwelle wieder einmal über uns zusammen zu schlagen droht, gibt eine kleine Übung, die recht schnell und zuverlässig gegen Stress, Ängste und Unsicherheiten helfen kann:
Aufrecht auf einen Stuhl setzen oder sich auf den Rücken legen. Dann beide Hände aufeinander auf die Herzgegend legen. Die Augen schließen, langsam durch die Nase ein- und ausatmen, den Atem bewusst wahrnehmen. Spüren Sie dann in Ihre Herzregion. Stellen Sie sich vor, wie der Atem durch die Herzregion ein- und ausströmt. Atmen sie langsam und sanft durch Ihr Herz ein und langsam und sanft durch Ihr Herz wieder aus.
Erinnern Sie sich währenddessen an einen Menschen, den sie lieben oder denken Sie an einen schönen Moment Ihres Lebens. Verbinden sie sich mit diesem Glücksgefühl und spüren sie das Gefühl in Ihrem Herzbereich. Bleiben Sie so atmend einen Moment und öffnen sie dann die Augen.